Eine Turnerin im Bob
Das passt doch gar nicht!
Oder doch?
Hey, ich bin Leona, werde aber von allen ‚Leo‘ genannt und bin die Pilotin des Teams. Geboren bin ich in Frankfurt am Main, aufgewachsen in Mörfelden-Walldorf im Kreis Groß-Gerau und studiere zurzeit an der Deutschen Sporthochschule in Köln. Hätte man mir vor ein paar Jahren erzählt, dass ich die Turnhalle gegen den Eiskanal tausche und in einem Bob sitze statt auf dem Balken zu stehen, hätte ich das sicherlich nicht geglaubt.
Und doch ist es so passiert… ich bin da so irgendwie reingerutscht…
Wie es zu diesem verrückten Sportartenwechsel kam, erfährst du hier:
Meine Zeit als Turnerin
Im Alter von drei Jahren nahm mich meine Mama zum ersten Mal mit in eine Turnhalle zum Eltern-Kind-Turnen. Dort habe ich mich ziemlich schnell gelangweilt und wollte „richtige“ Turnübungen ausprobieren. Also habe ich mich in den Stunden an Handstand, Rolle und Rad versucht… Die Übungsleiterin erkannte schnell, dass ich dort vielleicht etwas fehl am Platz bin. Vorsichtig versuchte sie meiner Mama zu erklären, dass meine Turnversuche die anderen Kinder gefährden könnten und ich doch einmal bei der Gerätturn-Gruppe vorbeischauen solle.
Nach einigen Diskussionen durfte ich dann mit fünf Jahren ein Probetraining bei der Gruppe Allgemeines Turnen absolvieren, eine kleine Ausnahme, denn eigentlich durfte man erst mit sechs Jahren dort anfangen. Schlussendlich hat es geklappt und ich konnte mich endlich in der Turnhalle austoben.
Ziemlich schnell fragte ich nach Wettkämpfen. Als ich die Wettkampf-Gruppe mit Pokal in die Halle kommen sah, war es um mich geschehen und ich fragte meine damalige Trainerin, wann wir denn endlich anfangen würden, Pokale zu gewinnen… Zu diesem Zeitpunkt, noch in der Breitensport-Gruppe, war meiner Trainerin klar: sobald ein Platz frei ist, muss Leo in die Wettkampf- Gruppe!
Im Alter von sieben Jahren konnte ich dann endlich zum Leistungsturnen wechseln. Bei meinem ersten Wettkampf (P4, für die Turner unter euch) erturnte ich einen 2. Platz. Und Turnen wurde ein großer Teil meines Lebens. Ich probierte als Kind zwar auch andere Sportarten, wie Fußball, Golf und Tennis aus, mein Herz blieb jedoch immer beim Turnen hängen.
Den größten Erfolg meiner Turnkarriere durfte ich mit zwölf Jahren feiern, als ich Deutsche Meisterin in meiner Altersklasse wurde. Nach mehreren Hessenmeistertiteln, wurde ich 2014 gemeinsam mit meiner Mannschaft deutscher Meister der TGW-Jugend.
Mit 14 Jahren wechselte ich schließlich von meinem Heimatverein, der TGS Walldorf, zu Eintracht Frankfurt. Gemeinsam mit meiner Mannschaft feierte ich einige Erfolge, wie den Bezirks- und Hessenmeistertitel 2018. Ich konnte mir zu diesem Zeitpunkt keine andere Sportart für mich vorstellen… und doch kommt es im Leben meist anders als gedacht…
So kam ich zum Bobfahren
Nach meinem Abitur 2019, arbeitete ich für einige Monate auf einem Kreuzfahrtschiff und reiste um die Welt. Für mein Studium an der Deutschen Sporthochschule zog ich dann nach Köln und musste mich nach einem neuen Verein umsehen. Ich hatte einen Verein gefunden, mit dem ich es nochmal in die 3. Bundesliga hätte schaffen können, aber wie es das Schicksal so wollte, waren die Turnhallen aufgrund der Corona-Maßnahmen geschlossen. Ich lernte zu dieser Zeit einen Bobfahrer kennen, dieser fragte mich, ob ich nicht mal mit ihm zum Bob-Anschieben kommen möchte. Ich würde gute Voraussetzungen mitbringen, die im Bobsport gefragt sind. Sehr lange dachte ich, dass es ein Witz sei, genau genommen bis zu dem Zeitpunkt, an dem ich in einer Eishalle an einem Anschubgerät stand und mich als Bobanschieberin versuchte. Mir wurde von einem Trainer große Perspektiven im Bobsport aufgezeigt und nach kurzem Überlegen dachte ich mir, warum nicht. Vielleicht könnte dieser Sport wirklich etwas für mich sein, eine neue Herausforderung, ein neues Ziel, eine Chance. Aber eine Turnerin die Bob fährt? Ich wusste es würde ein langer und harter Weg vor mir liegen…
Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
Das brachte mich schlussendlich an die Lenkseile
Es war bei einem Anschubtraining im Winter, wieder ein Witz, ein Anschub bei dem ich aus Spaß am Pilotenbügel geschoben habe und das gar nicht mal so schlecht, ich habe mich da auch ganz wohl gefühlt vorne am Bügel. Mein Trainer, Thomas Prange, die Person, die immer an meiner Seite stand und mich in jedem Schritt unterstützt, meinte zu mir: Probier es doch einfach mal aus, ich glaube du wärst ne ganz gute Pilotin. Nach einer Saison als Anschieberin setzte ich mich also auf Anraten meiner Trainer mal an die Lenkseile und versuchte mich als Pilotin. Ich bin ehrlich, anfangs dachte ich mir oft: Oh Leo was machst du da eigentlich? Aber mittlerweile kann ich von der Geschwindigkeit, dem Adrenalin und dem Spaß gar nicht mehr genug bekommen.
Ich habe im Bobsport eine echte Leidenschaft gefunden.
Klar hängt mein Herz immer noch am Turnen und ich denke es wird nie seinen Platz in meinem Herzen verlieren, aber der Bobsport bietet mir eine neue, spannende Herausforderung, umgeben von tollen Menschen.
Und wer sagt denn, dass man sein Herz nur an eine Sportart verlieren darf…?
